Design in Kunstdiskursen nach den Avantgarden
Viele Arbeiten der zeitgenössischen Kunst beziehen sich auf Design oder beruhen sogar hauptsächlich auf Designentwürfen. Doch dies ist keine neue Entwicklung – vielmehr handelt es sich um Konstellationen, die sich seit der Etablierung des Designs als Disziplin zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder beobachten lassen. Historische Avantgarde-Bewegungen jener Zeit bringen in der Auseinandersetzung mit Design einerseits ein Befremden gegenüber industrieller Warenproduktion- und präsentation zum Ausdruck, andererseits setzt man seitens der Kunst grosse Hoffnungen auf die Verwirklichung alternativer Lebens- und Produktionsformen durch Design.
Diese ambivalente Spannung, die zwischen surrealistischen und konstruktivistischen Tendenzen zu beobachten ist, bestimmt nicht nur die Rezeption der Avantgarden in den nachfolgenden Jahrzehnten, sondern ist auch in Reaktionen auf Designverweise in der Kunst zu spüren. Wie dies aus theoretischer Sicht beurteilt wird, entscheidet sich oft am Verhältnis eines Werks zur Lebenspraxis – eine Kategorie, die in vielen Ausstellungen durch Design in Erscheinung tritt. Für die Theorie der Avantgarde, mit der Peter Bürger in den 1970er Jahren ein international viel beachtetes Standardwerk entwickelt hat, handelt es sich dabei um den zentralen Begriff für die Analyse künstlerischer Praxis im 20. Jahrhundert.
Die Monografie unternimmt den Versuch einer Re-Lektüre von Bürgers Theorie – mit Hilfe des Designs. In drei historischen Schritten wird nicht nur dessen Rezeption in Kunsttheorien seit den 1970er Jahren kritisch reflektiert, sondern auch mit einer Designgeschichte der Kunst seit den Avantgarden in Verbindung gebracht – in Ausstellungssituationen, die diese Perspektive thematisiert haben. Dabei lässt sich aufzeigen, dass Design nicht nur als gelegentliche Referenz in der Kunst anzutreffen ist, sondern sich vielmehr als konstitutiv für einen zeitgenössischen Kunstbegriff erweist.