The John Institute bei PERLA MODE, Zürich.
aus: Gerrit Gohlke, Das Beste aber bleibt! Das Jahr 2007 im Rückblick, artnet.de
[…]“Es gibt Einladungen, die zählen zum politischen Arsenal der Abschreckungspolitik. Wenn also ein kuratorisches Team nicht allein eine Galerieausstellung, sondern eine Institutsgründung ankündigt, um „die Auseinandersetzung mit männlichen Rollenmodellen“ zu betreiben, die „bis auf wenige Ausnahmen kaum in thematischen Gruppenausstellungen zu finden“ seien, obwohl doch (wie ungerecht!) „männliche Positionen und die Darstellung von Männlichkeiten“ sonst überall „dominant vertreten sind“, beginnt man sich intuitiv zu fürchten. Und dann das kleine Wunder von Zürich.
Im abgeranzten, aber elitären, latent desorganisierten, aber prominent protegierten Galerieraum „Perla Mode“ in der berüchtigten Langstraße mitten im miserabel beleumundeten Kreis 4, ergreift strahlend die gutgelaunte Ironie von den verkrampften Genderschlachten im weltweiten Kartell der Kunstakademien Besitz. Im Zentrum der zögerlich sich gentrifizierenden Bordellmeile der Stadt – Sexkinos und Law and Order-Polizei sind durch das Schaufenster wie in einem Panorama-Kino zu sehen – spielt das „John Institute“ kokett mit empfindsamen Supermännern, Nerds und verspottet die Geistesabwesenheit erfolgreicher Geschäftsmännlichkeit. Jean-Claude Freymond-Guth, Michael Hiltbrunner und Burkhard Meltzer kuratierten eine Ausstellung voller eleganter Fallen und Rollenattacken mit der Leichthändigkeit einer gut arrangierten Varieté-Conférence. Da führt Julika Rudelius in ihrer Mehrkanalprojektion ein paar an sich selbst berauschte Berater wie Pawlowsche Probanden vor, da führt Silvie Zürcher behände Collagen als Aufhebung aller Rollenklischees vor. Vor allem aber zeigen drei gut recherchierende Kuratoren durch zwei labyrinthisch bespielte Etagen hindurch, wie ein frivoles Argument aus einer geschickten kuratorischen Präsentation Konventionen brechende Sprengkraft erhält. Die Ausstellung zeigte nicht Männer, sondern die Ideologie der Rollen – die man am Ende dieser guten Komödie für mindestens ein Jahr nicht mehr Ernst nehmen mochte.[…]“