Meret Ernst, erschienen in: hochparterre, 10/2016.
Module müssen miteinander kommunizieren, um Wirkung zu erzielen. Dazu braucht es geregelte Anschlüsse, aber auch die Option, diese flexibel zu nutzen. Modulare Strukturen vermitteln so zwischen unseren Bedürfnissen nach Sicherheit und Improvisation, nach Ordnung und Chaos. Welche Rolle spielen sie heute in Architektur und Design? Burkhard Meltzer und Tido von Oppeln hatten eineinhalb Jahre Zeit, Antworten zu suchen – im Rahmen des 50-Jahre-Jubilaums, das USM Haller 2015 feierte. lm Auftrag des Herstellers mit Affinität zu Systemen lancierten die beiden
Kuratoren einen Workshop in Boisbuchet, dessen Resultate sie in Mailand ausstellten.
Nun legen sie in Buchform nach, was sie dabei erfahren und gesammelt haben. Historisch schlagt der sorgfältig gestaltete Sammelband den Bogen von den Sechzigerjahren bis heute. Vom funktionalen Raster und der sich daran entzündenden Kritik, die zur Entwicklung kleinerer, modularer Einheiten führte, von Fritz Haller bis zur Aktualisierung des Prinzips, wie es in den Workshops in Boisbuchet erforscht wurde. Diese stellten die kommunikative Rolle des Moduls ins Zentrum, versuchten, ihm asthetische Vielfalt und Individualität beizubringen, wie der britische Designkritiker Rick Poynor beobachtete. Diese Aufgabe hatte auch das Buch zu lösen, das die Agentur Atlas gestaltete. Denn was ist ein Buch anderes als ein Modul, das in sich modular aufgebaut mit anderen Büchern kommuniziert?
Im Rückgriff auf klassische buchgestalterische Mittel bringt Atlas dem Buch Individualitat bei. Drei Inserts in japanischer Bindung unterteilen den Band. Auf Farbkarton wird einne Bildrecherche zu Systemen, Modulen und zur Geschichte von USM-Haller gezeigt. Metallisch gedruckte Titelschriften, Bildüberlagerungen auf den ganzseitigen Porträts der Workshop-Leiter und ein durchgehender Flattersatz loten Variation im System aus. Eine Absicht, auf die bereits der als Klappenbroschur umgesetzte Umschlag hinweist. Die zugrunde liegende Strukturierung des lnhalts wird mit zwei Satzspiegeln vermittelt: Sie unterscheiden zwischen Essays und lnterviews, in denen über das Modul nachgedacht wird. In aller Breite.