Erschienen in: Kunstbulletin, 10/2012, Zürich.
Eine postmoderne Sommerparty: Sampling, Bricolage und Clubkultur werden als Gegenreaktion auf Konzepte der Moderne im Landesmuseum Zürich inszeniert.
Aus drei Perspektiven rollt die vom Victoria-und-Albert-Museum konzipierte Schau eine visuelle Geschichte des Postmodernismus auf: erstens Architektur, zweitens Clubkultur und Grafikdesign, drittens die Kritik an Kommerzialisierung. Dank permanent laufendem Discopop kommt hier keine schlechte Laune auf. Es dominiert eine anglo-amerikanische Sichtweise, im Landesmuseum ergänzt durch Schweizer Positionen wie Trix und Robert Haussmann, Mario Botta, Fischli/Weiss und Lady Shiva. Nach „Modernism: Designing a New World 1914-1939“ (2006) und „Cold War Modern 1945-1970“ (2008/2009) bildet die Schau eine vorerst letzte Etappe des vom V&A entworfenen Überblicks über die Designgeschichte des 20. Jahrhunderts. Hier beginnt auch schon das Dilemma des Ausstellungskonzepts. Einerseits möchte man nicht auf grosse historische Entwicklungslinien (man findet tatsächlich einen Zeitstrahl am Eingang) verzichten, andererseits gerade eine kulturelle Strömung ausstellen, die sich mit Konzepten der Gleichzeitigkeit, Überlagerung und Übertreibung gerade gegen ein historisches Epochendenken gerichtet hat.
Ein raumhoch vergrössertes Foto der einstürzenden Sozialwohnungen von Pruitt-Igoe (1972 in St. Louis, USA) empfängt das Publikum zu Beginn des Ausstellungsrundgangs. Der Blick auf das tragische Ende der architektonischen Moderne wird durch ein perspektivisch verzerrtes, abwechselnd weiss und metallisch glänzendes „Verspiegeltes Portal“ von Trix und Robert Haussmann eingerahmt. Das Zürcher Designerduo setzte sich mit den zwischen 1977 und 1984 als Edition entstandenen „Lehrstücken“, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind, mit der Zitatkultur der Postmoderne auseinander. So entstanden im Stil des „manierismo critico“ verschiedene aufwändig mit Intarsien, Malerei und Spiegelementen hergestellten Möbelstücke als historische Architekturzitate in Gestalt eines Brückenschreibtischs, Säulenschranks oder einer Mauerkommode.
I should be so lucky, lucky, lucky, lucky. Kylie Minogues Hit von 1988 bringt das postmoderne Dilemma auf den Punkt. Eigentlich sollten wir angesichts des gestalterisch inszenierten Festes sehr glücklich sein. Kritik ist möglich, aber bitte als Party im richtigen Outfit. Die meisten Design-Exponate wurden bereits für einen Ausstellungskontext produziert und sehen im musealen Umfeld immer noch richtig gut aus. Die Postmoderne wirkt heute keineswegs beendet – ganz im Gegensatz zur Behauptung des Ausstellungstitels. Warum trotz vielfältiger zeitgenössischer Anschlusspunkte nun eine abgeschlossene historische Epoche daraus wird, bleibt ein Rätsel. Abgesehen von einzelnen Trouvaillen aus der Schweizer Designgeschichte bleibt die Ausstellung bei einer lexikalischen Aufzählung allzu bekannter Namen und Objekte stehen. Es erstaunt auch, dass die Transformation der Ausstellungsräume selbst seit den 1970er Jahren – u.a. durch Institutionelle Kritik und Design-Installationen – hier nur innerhalb eines nachempfundenen Clubraums mit laufenden Musikvideos thematisiert wird.
Landesmuseum Zürich, 6.7.-28.10.2012, Broschüre zu den Schweizer Beiträgen, Katalog in Englisch.