Die Regeln der Grammatik sehen verschiedene Möglichkeiten vor, über die dritte Person zu sprechen. Mit den Charakterzügen einer Person oder eines Gegenstands ausgestattet, stellt dieses „Etwas“ immer eine Distanz zur ersten Person des „ich“ her. Zwischen den Standpunkten der ersten und der dritten Person entwirft die Gruppenausstellung einen Raum, der von privaten Interieurs, Warenauslagen und musealen Displays geprägt ist. In Installation und Fotografie beschäftigen sich die beteiligten Künstler und DesignerInnen mit Einflüssen der industriellen Moderne, des zeitgenössischen Designs sowie vorgefundenen Materialien und Räumen.
Regale und Tische des Motto-Buchladens hat David Heitz durch ein neues Display ersetzt. Dabei kommen sowohl sein eigenes System aus Display-Tischen als auch vorhandene Regalbauteile zum Einsatz. Anders als die Wand ist ein Tisch als unkomplizierte Ordnungs- und Ablagehilfe aus dem Alltag bekannt: Man legt meist flüchtig etwas darauf ab, um es zu betrachten oder im Vergleich mit anderen Dingen zu ordnen. Auch die grossformatigen Diaprojektionen des Künstlers beziehen sich oft auf den Ort der Ausstellung. Allerdings handelt es sich hier um die Umgebung eines Ausstellungsortes in Düsseldorf, wo Heitz kürzlich ein Projekt realisiert hat – ein Rundgang durch die menschlichen Ordnungssysteme einer Stadt aus Oberflächen, Häusern und Gehäusen.
Die Arbeiten von Kueng/Caputo sind Momentaufnahmen eines Arbeitsprozesses. Als kritischer Kommentar zum Herstellen und Ausstellen von Design thematisiert das Kollektiv historisch gewachsene Konventionen der Disziplin, die in ihrer Praxis stets auf zweckorientierten Lösungen gerichtet ist. Die gezeigten Objekte existieren materiell nicht mehr, sie sind vielmehr Abbildungen eines Entwicklungsschritts auf dem Weg zum Bild eines nur vorgestellten Gebrauchsgegenstands.
Stéphane Barbier Bouvet arbeitet stark raumorientiert. Seine Objekte sind an vertrauten Gebrauchsgegenständen orientiert, schlagen jedoch gleichzeitig die Brücke zu etablierten Konventionen der Kunstpräsentation. Dem Ausstellen von Design gibt Barbier Bouvet mit dem Spiegel, gerahmt wie moderne monochrome oder abstrakte Kunst, einen Subtext. Gleichzeitig wirken die Spiegel-Objekte auch wie Produkte, die man aus Einrichtungsgeschäften kennt. Die Arbeiten wechseln jedoch fast wieder in den anderen Kontext der Kunstpräsentation, wenn sie in der Ausstellung — allerdings nur an die Wand gelehnt — präsentiert werden.
Kai Linke transformiert den meist verbreiteten Stuhl der Gegenwart – den Monobloc – durch einen optischen Verfremdungsprozess in ein Bild und dieses wiederum in ein materielles Objekt. Er nutzt dabei die Bekanntheit des Objekts, seinen etablierten Platz in unseren Sehgewohnheiten und berührt die ambivalente Rolle des Monoblocs als geschmackliche Tabuzone und gleichzeitig als wahrscheinlich erfolgreichste Sitzgelegenheit der Nachkriegsmoderne, der bisher trotz dieser kommerziellen Erfolgsgeschichte keine Rolle als Möbelklassiker spielt.
Jochen Weber entwickelt stuhlähnliche Objekte und Ausstellungsdisplays, die visuell an historische Einflüsse des Designs auf Kunstbewegungen wie den Prager Kubismus oder die Minimal Art erinnern. Aus dem Modellbaumaterial Balsa-Holz entsteht während des Arbeitsprozesses eine komplexe Konstruktion, die Weber als „Figur“ betitelt und fortlaufend nummeriert. Die Figur, die schliesslich präsentiert wird, lässt einzelne Arbeitsschritte in den Details der Konstruktion und in den verschiedenen Schichten des Glasfaser-Materials immer noch erkennen. Im Gegensatz zur Entwurfspraxis des Industriedesigns, wo die Produktionsspuren meist perfekt verwischt werden, präsentiert Jochen Weber in der Ausstellungssituation weniger ein fertiges Produkt als einen Moment in einer andauernden und möglicherweise unabgeschlossenen künstlerischen Auseinandersetzung.
An Möbelklassiker der Vor- und Nachkriegsmoderne knüpft Xabier Salaberria an. Seine Ausstellungsdisplays erinnern ebenso an Modellbau wie an zeitgenössisches Stadtmobiliar. So platziert Salaberria zwei Bänke in der Ausstellung, wobei die Metallkonstruktion an Alexander Calders „Mercury Fountain“ erinnert, der 1937 im spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung gezeigt wurde. Die Oberfläche des Objektes ist jedoch keineswegs historisierend, sondern entspricht der Beschichtung, wie man sie in Spanien heute an Strassenlampen oder anderen öffentlichen Möbeln anbringt, um Plakate, Aufkleber oder Grafitti zu verhindern. Integriert in die Auslage des Motto-Buchladens, zeigt der Künstler zeitgenössische Fotografien der der Umgebung des Barcelona-Pavillons von Mies van der Rohe (ursprünglich für den deutschen Beitrag der Weltausstellung 1929 entworfen), der 1992 für die olympischen Spiele an der Peripherie der Stadt als Nachbau wieder aufgebaut wurde.
Clemence Seilles rückt das Handwerk als performative Praxis ins Zentrum ihrer Design-Arbeiten. Anfang und Ausgangspunkt für die Gestaltung ist das Material. In der Verwendung industriell hergestellter Steine (und einiger Natursteine, die aus fehlerhaften Produktionsprozessen stammen) setzt sich Seilles mit dem scheinbar natürlichen Material als bereits hergestellte Ware auseinander. Design besteht nicht nur in der Anwendung dieses Materials für gestaltete Gartenwege oder Trottoirs, sondern auch bereits in der Gestaltung des industriell nachgeahmten Steins. Eine Neon-Lampe, die mit dem Material und der visuellen Sprache eines Feuerplatzes daherkommt, führt Clemence Seilles ihren Designbegriff auf ein grundlegendes kulturelles und soziales Bedürfnis zurück – eine Geste, die man auch als kritische Bemerkung zur Warenästhetik verstehen kann.

Mit Beiträgen von Clemence Seilles, Stéphane Barbier Bouvet, Kueng/Caputo, Jochen Weber, Kai Linke, Xabier Salaberria, David Heitz
Co-kuratiert mit Tido von Oppeln
Ausstellungsort: Corner College/Perla-Mode, Langstrasse 84, CH-8005 Zürich